Partner Tiering im DACH-Channel: 2 bewährte Modelle – Stufen & Capability Score im Vergleich

Partner Tiering im DACH-Channel: 2 bewährte Modelle – Stufen & Capability Score im Vergleich

Klassisches Partner Tiering mit Registered, Bronze, Silber und Gold/Platin

Am Anfang ist ein Partnerprogramm fast immer simpel. Du hast ein paar Reseller, Integratoren oder Empfehlungsgeber, man kennt sich, man hilft sich – und irgendwie bekommen alle ungefähr das Gleiche. Das ist menschlich fair. Aber sobald dein Ökosystem wächst, kippt diese Fairheit in Ineffizienz. Denn Partner sind nie „gleich“: Manche liefern konstant Umsatz, manche bauen Expertise auf, manche sind regional entscheidend, und andere bleiben auf der Stelle stehen.

Genau hier wird Partner Tiering jedoch zum echten Hebel. Nicht als Dekoration, sondern als Steuerungsinstrument, das Wachstum ermöglicht, ohne dass du dich im Tagesgeschäft in Einzelfall-Politik verlierst.

Was Partner Tiering ist – und was es nicht ist

Partner Tiering ist ein System, mit dem du deine Channel-Partner in nachvollziehbare Leistungs- und Kompetenzstufen einordnest (typischerweise Bronze, Silber, Gold und manchmal Platin). Jede Stufe hat klare Kriterien und ein abgestuftes Paket an Vorteilen. Ziel ist, Partnerschaften skalierbar zu machen: Du investierst gezielt dort, wo Partner nachweislich Wert schaffen und diesen Wert wiederholbar liefern können.

Tiering ist dabei kein Selbstzweck. Es ist auch kein Tool, das automatisch schwache Partner stark macht. Es sorgt dafür, dass Ressourcen, Benefits, Aufmerksamkeit und Erwartungshaltung auf eine Weise verteilt werden, die für beide Seiten nachvollziehbar bleibt.

Warum Tiering im DACH-Markt besonders relevant ist

Im DACH-Channel hast du eine stark fragmentierte Partnerlandschaft: viele spezialisierte Systemhäuser, regionale Cluster und klare Industriefoki. Ein Partner kann für dich in Süddeutschland Gold wert sein, hilft dir aber kaum bei Kunden in der Westschweiz. Deshalb muss Tiering hier nicht nur Performance abbilden, sondern auch strategische Coverage sichtbar machen.

Und dann ist da die harte Realität: MDF-Budgets, Enablement-Zeit, Co-Selling-Kapazität und Leads reichen nie für alle. Programme wie ESET priorisieren deshalb Benefits und Betreuung über ein Stufenmodell, das neben Umsatz auch Zertifizierungen und Engagement einbezieht.

Tiering ist also der Moment, in dem dein Programm erwachsen wird.

Zwei bewährte Modelle für Partner Tiering: Stufen und Capability Score

In der Praxis haben sich zwei Grundmodelle etabliert, die du im DACH-Markt immer wieder findest: das klassische Stufenmodell mit Bronze/Silber/Gold sowie moderne, punktebasierte „Capability Scores“. Beide verfolgen dasselbe Ziel, gehen aber sehr unterschiedlich vor.

Klassisches Tiering: Bronze/Silber/Gold – warum es funktioniert

Die klassische Logik ist schnell erklärt: Du definierst Kriterien je Stufe (Tier), überprüfst Partner regelmäßig und koppelst bestimmte Vorteile an den jeweiligen Status. Der große Vorteil ist die Verständlichkeit. Der Status „Gold-Partner“ ist ein klares und allgemein verständliches Signal nach innen und nach außen.

Was in vielen Beschreibungen fehlt: Ein Partnerstatus wirkt nur dann, wenn jede Stufe einen klar erkennbaren Mehrwert bietet. Es geht nicht darum, höher eingestuften Partnern einfach „mehr von allem“ zu geben. Entscheidend ist, dass das Leistungspaket einer Stufe Partner konkret dabei unterstützt, weiter zu wachsen.

In der Einstiegsklasse bedeutet das vor allem: sauberes Onboarding, gutes Self-Service-Enablement und solide Basis-Margen, damit Partner erste Erfahrungen sammeln und Deals sicher abwickeln können. Im mittleren Tier werden gezielte Wachstumshebel wichtig – etwa Co-Marketing-Budgets, Vorteile bei der Deal-Registrierung und ein klarer Ansprechpartner im Partnermanagement. In den oberen Stufen kommen dann Elemente dazu, die echte strategische Zusammenarbeit ermöglichen: Einblicke in die Roadmap, Early-Access-Trainings, bevorzugter Support und gemeinsame Business-Plans.

Genau diese Staffelung findest du in vielen DACH-Programmen wieder – vom Software-Hersteller bis zum Industrie-OEM.

Der Haken klassischer Modelle bleibt aber: Sie sind häufig schwellengetrieben. Wenn Stufen zu stark am Umsatz hängen, übersiehst du Potenzial und Beiträge, die nicht direkt transaktional sind.

Moderne Weiterentwicklung: punktebasiertes Tiering (Capability Score)

Deshalb setzen immer mehr Programme auf sogenannte Capability Scores, also Punktesysteme. Microsoft ist hier der sichtbarste Referenzpunkt. Partner sammeln Punkte in drei Kategorien: Vertriebserfolg (Performance), Qualifizierung der Mitarbeitenden und Kundenerfolg. Aus diesen Werten entsteht ein Gesamtscore von 0 bis 100, der automatisch aus den Daten im Microsoft Partner Center berechnet wird.

Um bei Microsoft den offiziellen Status als Lösungs­partner zu erhalten, braucht ein Unternehmen mindestens 70 Punkte und muss in allen drei Bereichen solide abschneiden. Damit verhindert Microsoft genau das, was klassische, rein umsatzbasierte Tier-Modelle häufig erzeugen: Partner, die zwar einmal einen großen Deal machen, sich aber danach weder weiter qualifizieren noch dauerhaft erfolgreiche Kundenprojekte liefern.

Die eigentliche Neuerung liegt in der Steuerung. Ein Score macht Partnerleistung dauerhaft und aus mehreren Blickwinkeln sichtbar. Partner sehen nicht nur die Aussage „Du bist Silber-Partner“, sondern auch, wie nah sie am nächsten Status sind und in welchem der drei Bereiche sie gezielt aufholen können. Für dich wird dadurch klar erkennbar, wo du mit Enablement, Leads oder Support ansetzen solltest, um die Partnerschaft zu stärken, statt nur auf den letzten Umsatz zu schauen.

Vergleich: Klassische Tiers vs. Punktebasiertes System

Kurz gesagt: Stufenlabels erzeugen Orientierung, Scores erzeugen Steuerung.

Auch, wenn es sich beim punktebasierten System um die moderene Variante für die Einstufung von Partnern handelt, muss es nicht zwnagläufig auch das für euch passende Modell sein!

Wann Stufen besser sind und wann Scores

Vergleich klassisches Partner Tiering und punktebasierter Capability Score

Stufenmodelle sind überlegen, wenn dein Programm noch klein ist, du vor allem transaktionales Reseller-Geschäft hast und deine Datenbasis im CRM oder PRM noch nicht stabil genug ist, um Partner fair zu bewerten Dann willst du Klarheit statt Komplexität.

Scores sind überlegen, wenn du mehrere Partnertypen koordinierst, Potenzial früh erkennen willst oder das Verhalten deiner Partner gezielt steuern möchtest.

In Ökosystem-Modellen mit SIs (Systemintegratoren), MSPs (Managed Service Provider), Nearbound-Partnerschaften und Co-Selling-Plays ist das der entscheidende Hebel, weil du nicht-transaktionale Beiträge fair bewertest. Ein in der Praxis bewährter Ansatz ist ein hybrides Modell: Nach außen kommunizierst du klare Stufen wie Bronze, Silber und Gold, nach innen arbeitest du mit einem Capability Score, der Leistung, Qualifizierung und Kundenerfolg abbildet. Viele große Hersteller wie etwa Microsoft mit dem Partner Capability Score und SAP mit PartnerEdge-Leveln und dem neuen Competency Framework kombinieren bereits solche Label- und Bewertungslogiken. Die zugrunde liegenden Daten werden regelmäßig aktualisiert, und die Partnerleistung wird typischerweise in festen Zyklen (zum Beispiel im Rahmen von Quarterly Business Reviews) überprüft, um den Status und die nächsten Entwicklungsziele gemeinsam zu justieren.

Entry- und Maintenance-Kriterien: der unterschätzte Hebel für faire Tier-Entscheidungen

Ein Tiering-System wird erst dann robust, wenn du zwei Fragen voneinander trennst. Erstens: Was muss ein Partner in den letzten 12 Monaten erreicht haben, um in die nächste Stufe aufzusteigen (Entry-Kriterien)? Zweitens: Was muss ein Partner im kommenden Jahr mindestens leisten, damit er seinen aktuellen Status behält? Genau das beschreiben deine sogenannten Maintenance- oder Haltekriterien. Wenn du solche Haltekriterien nicht definierst, sammelst du mit der Zeit lauter Status-Titel, die mit der aktuellen Leistung nichts mehr zu tun haben. Wenn sie klar geregelt sind, wird dein Tiering dagegen zu einem Entwicklungsweg: Partner wissen, was sie dauerhaft liefern müssen, und kontinuierliche Leistung wird sichtbar belohnt.

Multi-Track-Tiering: warum „eine Stufe für alle“ nicht funktioniert

Empfehlungs- oder Referral-Partner bringen dir vor allem neue Kontakte und Opportunities. Managed Service Provider (MSPs) betreiben deine Lösung im laufenden Betrieb. Systemintegratoren (SIs) planen und implementieren komplexe Projekte. Diese Partnertypen leisten also ganz Unterschiedliches.
Deshalb sollten die Stufen und die grundsätzlichen Vorteile zwar für alle gleich heißen, aber die Kriterien je Partnertyp unterschiedlich gewichtet sein. Wenn du das nicht tust, belohnst du Partner womöglich für Dinge, die in ihrem Geschäftsmodell gar keine Hauptrolle spielen und übersiehst genau das, was sie eigentlich stark macht.

Wie du Tiering ohne Widerstand einführst

Entscheidende Startphase

Die Idee hinter deinem Tiering-Konzept ist das eine. Dass Partner und deine internen Teams es akzeptieren, ist das andere. Für den Start hat sich ein Vorgehen bewährt, das Strategie und Change-Management gleichermaßen berücksichtigt.

Am Anfang steht eine ehrliche Bestandsaufnahme deines Partnerportfolios: Welche Partner liefern heute einen messbaren Wert, bei wem siehst du klares Potenzial und wer bindet vor allem Ressourcen, ohne wirklich voranzukommen? Aus diesen Erkenntnissen leitest du deine Tier-Kriterien ab und definierst, welche Vorteile jede Stufe bekommen soll.

partner tiering vergleich2
Partner Tiering Governance mit monatlicher Score-Messung und quartalsweisen Reviews

Danach holst du Kolleginnen und Kollegen aus dem Vertrieb, dem Marketing und dem Produkt-Team frühzeitig ins Boot. Idealerweise ist außerdem eine kleine Advisory-Gruppe aus Schlüsselpartnern dabei. So testest du Fairness und Praktikabilität, bevor du etwas in Stein meißelst.

Anschließend pilotierst du das System mit einer repräsentativen Partnergruppe, kalibrierst Schwellen, Score-Gewichte und Benefits – und rollst erst dann schrittweise aus. Eine Grace Period für knappe Fälle schützt Vertrauen und Motivation.

Erfolgsmessung: KPIs, die wirklich zählen

Partner Tiering entfaltet seine Wirkung nur, wenn du die Ergebnisse auch misst. Neben Umsatz und gemeinsam aufgebauter Pipeline solltest du deshalb auch Frühindikatoren beobachten – also Signale, die zeigen, ob ein Partner sich in die richtige Richtung entwickelt. Dazu gehören zum Beispiel abgeschlossene Trainings, erreichte Zertifizierungen, die Qualität der Deal-Registrierungen, aktiv genutzte Co-Marketing-Angebote und konkrete Hinweise auf Kundenerfolg, etwa Referenzen oder gute Service-Bewertungen.

Besonders hilfreich sind vier Kennzahlen, die in vielen Programmen noch zu wenig Beachtung finden:

  1. Anteil aktiver Partner
    Wie viele deiner gelisteten Partner waren im letzten Quartal wirklich aktiv. Also mit mindestens einem abgeschlossenen Deal oder einer klar nachvollziehbaren Aktivität wie einer registrierten Opportunity oder einer gemeinsamen Kampagne?

  2. Zeit bis zum ersten erfolgreichen Abschluss
    Wie lange dauert es im Durchschnitt, bis ein neuer Partner seinen ersten Deal mit euch gewinnt? Je kürzer diese Anlaufphase ist, desto besser funktionieren dein Onboarding und deine Unterstützung in den ersten Monaten

  3. Dauer des Verkaufsprozesses in Partner-Deals
    Wie lange braucht ein typischer Vertriebsvorgang, wenn ein Partner beteiligt ist (von der qualifizierten Chance bis zum Abschluss)? Wenn gut ausgewählte Tier-Partner diesen Prozess spürbar verkürzen, ist das ein starkes Indiz für die Qualität deines Tierings

  4. Bindung und Abwanderung von Partnern
    Wie hoch ist die „Verbleibquote“ deiner wichtigen Partner über mehrere Jahre hinweg? Steigt die Zahl der Partner, die aktiv bleiben und mit euch wachsen – oder verlierst du gerade diejenigen, die eigentlich in den oberen Stufen sein sollten?

Blick nach vorn: wohin Tiering sich entwickelt

Partner Tiering wird in den nächsten Jahren deutlich datengetriebener. Viele Hersteller arbeiten bereits daran, ihre Partnerdaten nicht nur rückblickend auszuwerten, sondern laufend in übersichtlichen Auswertungen zu bündeln. In der Praxis sieht das so aus:

Umsatz, registrierte Opportunities, Trainingsfortschritt, Zertifizierungen und Service-Qualität fließen aus CRM- und Partnerportalen in ein zentrales Cockpit. Dort siehst du auf einen Blick, welche Partner gerade deutlich zulegen, bei wem die Aktivität einbricht und wo es stilles Potenzial gibt (etwa Partner mit hohem Trainingsgrad, aber noch wenig Umsatz). Auf dieser Basis kannst du automatische Hinweise („Alerts“) einrichten, zum Beispiel: „Partner mit starkem Enablement, aber ohne erste Abschlüsse“ oder „Partner mit sinkender Aktivität über drei Monate“. Solche Signale helfen dir, früh das Gespräch zu suchen, konkrete Entwicklungsangebote zu machen oder auch einen möglichen Tier-Wechsel vorzubereiten, statt nur einmal im Jahr erstaunt auf die Zahlen zu blicken.

Einige Programme gehen noch einen Schritt weiter und nutzen Prognosemodelle, um zu erkennen, bei welchen Partnern sich zusätzliche Investitionen besonders lohnen. Dabei geht es nicht um „Black Box KI“, sondern um klare, nachvollziehbare Muster: Partner, die bestimmte Schulungen abschließen, regelmäßig Deals registrieren und früh gute Kundenbewertungen erzielen, haben eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, in den nächsten zwölf Monaten in eine höhere Stufe zu wachsen. Genau diese Partner kannst du gezielt unterstützen: mit zusätzlichen Leads, gemeinsamen Kampagnen oder engerer Betreuung.

Trotz all dieser Möglichkeiten bleibt eine einfache Grundregel bestehen: Je klarer Partner die Logik hinter deinem Tiering verstehen, desto besser funktioniert es. Komplexe, intransparente Punktesysteme mögen datenseitig beeindruckend sein, bringen dir aber wenig, wenn du sie nicht in wenigen Sätzen erklären kannst.

Am Ende müssen Partner beantworten können: „Wo stehe ich gerade, was bringt mir das und was genau muss ich tun, um die nächste Stufe zu erreichen?“ Wenn das gelingt, zahlt sich jede zusätzliche Schicht an Daten wirklich aus.

Fazit

Partner Tiering ist der Hebel, der aus einem Partnerprogramm ein steuerbares System macht. Klassische Stufen sind im DACH-Markt weiterhin wertvoll, weil sie einfach kommunizierbar sind. Moderne Capability Scores ergänzen diese Logik, weil sie Potenzial sichtbar machen, Verhalten steuern und Fairness über unterschiedliche Partnertypen hinweg herstellen.

Wenn du beide Modelle im Partner Tiering (Stufen nach außen, Score nach innen), Entry und Maintenance sauber getrennt, Tracks smart gewichtet und den Rollout als Change-Pfad denkst – bekommst du ein Ökosystem, das du aktiv entwickeln kannst, statt es nur zu verwalten.

Ab wann lohnt sich ein Partner Tiering?

Sobald dein Partnernetz größer wird als du es individuell betreuen kannst – meist ab 10–15 aktiven Partnern oder wenn Leads/MDF knapp werden. Dann brauchst du Priorisierung über Leistung und Potenzial

Drei bis vier Stufen reichen in den meisten DACH-Programmen. Mehr Stufen bringen selten mehr Steuerung, aber deutlich mehr Komplexität

Beim klassischen Tiering steigt ein Partner auf, wenn er definierte Schwellen erreicht. Ein Capability Score bewertet Partner kontinuierlich über ein Punktesystem in mehreren Kategorien wie Performance, Skilling und Customer Success

Wenn du mehrere Partnertypen koordinierst (Reseller, SI, MSP, Referral), Potenzial früh sehen willst oder Enablement und Customer Success gezielt steuern möchtest

Frühindikatoren monatlich tracken, Statusentscheidungen quartalsweise treffen. Das ist fair und es bleibt dynamisch

Wenn du dein Partnerprogramm gerade skalierst und unsicher bist, welche Kriterien, Benefits und Score-Logik wirklich wirken: Lass uns 30 Minuten auf dein aktuelles Tiering schauen. Du bekommst ein klares, auf dich zugeschnittenes pragmatisches Upgrade-Konzept 

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert